Der gedruckte, ausgehängte Fahrplan war der Retter in der Not, als ein Cyber-Angriff 2017 wieder einmal die Infoschirme an unzähligen Bahnhöfen lahmlegte. „Bitte Aushangfahrplan beachten“ war auf den blauen Tafeln zu lesen.

Nur ein – nicht zu unterschätzender – Vorteil von Gedrucktem auf Papier?Oder ist da noch mehr, was Papier zu einem wertvollen Medium macht?

Klar, Papier ist nachhaltig, denn es ist aus nachwachsenden Rohstoffen – basierend auf Holz –, einem wiederverwertbaren und vollständig erneuerbaren Material. Es kann immer und immer wieder zu neuem Papier rezykliert werden. Dieser Papierkreislauf ist immens wichtig, denn es ist kaum vorstellbar, wie viele Wälder nötig wären, wenn für alles, was bisher auf Recyclingpapier gedruckt wird, neues Papier eingesetzt werden müsste. Ohne Altpapier geht es nicht.

Ein schöner Bildband, ein aufwendig gebundenes Buch, eine Kunst-Illustrierte mit vielen groß- formatigen Abbildungen – so etwas kommt natürlich auf weißem, voluminösen Papier besser zur Geltung. Hier ist es wenig sinnvoll, extremen Aufwand beim Recycling zu treiben, nur um ein hochweißes Recyclingpapier zu erhalten, das von Frischfaser nicht mehr zu unterscheiden wäre. Denn dabei gehen zu viele Fasern verloren, die Ausbeute sinkt, der ökologische Nutzen auch. Frischfaser ist hier besser. Dafür müssen die Wälder so nachhaltig bewirtschaftet werden, dass ihre vielfältigen Funktionen für die Artenvielfalt, das Klima, das Grundwasser etc. möglichst vollständig erhalten bleiben.

Altpapier ist also gut für die Umwelt. Im Jahr 2017 waren es 17 Millionen Tonnen Altpapier, eine Altpapiereinsatzquote von 75 Prozent! Altpapier ist der ideale Rohstoff für Zeitungen, Zeitschriften, Prospekte und Anzeigenblätter, das eine oder andere Taschenbuch, aber auch für jegliche Korrespondenz – und natürlich für Hygienepapiere.

Also: Der ökologische Papierkreislauf bedeutet ein gesundes Nebeneinander von Frischfaser aus nachhaltig bewirtschaftetem Wald und Recyclingpapier.

Die British Library ist die Nationalbibliothek des Vereinigten Königreichs. Sie beherbergt mit über 170 Millionen Werken den weltweit größten Medienbestand aller Bibliotheken.

Und noch ein nachhaltiger Aspekt, der nicht zu vernachlässigen ist: Gedruckte Informationen auf Papier überdauern Jahrhunderte. Die größte Bibliothek der Welt, die British Library, beherbergt über 170 Millionen Bücher, darunter das älteste Buch Europas: „St. Cuthbert Gospel“. Es stammt aus dem siebten Jahrhundert und enthält eine Abschrift des Johannes-Evangeliums.

Bei einem E-Buch reicht oft schon ein neuer Computer, damit die Datei nicht mehr zu öffnen ist. Nicht zu reden von den verschiedenen Speichermedien, die schon nach wenigen Jahren nicht mehr zugänglich sind – begonnen hat es mit den guten alten Floppy Disks, Disketten und den ZIP-Laufwerken, abgelöst von verschiedenen magnetooptischen Medien und USB-Sticks. Zur Zeit sterben gerade CDs und DVDs. Unsere Daten schweben in irgendeiner Cloud – was fehlt, wird gestreamt.

Um Informationen elektronisch bereitzustellen, seien es E-Mails, Zeitungen, Telefonrechnungen oder Kontoauszüge, werden enorme Mengen an Ressourcen benötigt: Lauter Serverfarmen, gigantische Fabrikhallen voller Computer, die 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, was produzieren? Wärme! Und deshalb bauen Google und Facebook direkt in der Arktis, um dort teure Kühlanlagen zu sparen und die Wärme direkt an die Umgebung abzugeben.

Schätzungen zufolge wird der Anteil der Digitalindustrie am weltweiten Stromverbrauch von derzeit etwa 14 auf 22,6 Prozent im Jahre 2025 anwachsen. Ein großer Teil des Stroms wird in Abwärme umgewandelt. Parallel erhöht sich auch der Elektronik-bedingte CO2-Fußabdruck: Zwischen 2013 und 2018 ist der Beitrag an den globalen Treibhausgasemissionen von 2,5 auf 3,7 Prozent um etwa die Hälfte angestiegen, 2025 werden es laut Prognose 7 Prozent sein – Tendenz steigend.

Das Internet verursacht schon jetzt mehr CO2-Emissionen als Flugreisen. Und Elektro- und Elektronikabfall ist eine der am schnellsten wachsenden Abfallfraktionen, wegen des Gehalts an giftigen Inhaltsstoffen oft Sondermüll. Alte iPads und weiterer unreparierbarer Elektronikschrott werden teilweise immer noch in afrikanischen Ländern auf offenem Felde verbrannt, Kinder scharren mit bloßen Füßen in der Asche, um die wertvollen Metalle zusammenzukratzen. Ist das alles umweltfreundlich?

Nein, kein Material lässt sich so leicht und so nachhaltig recyceln wie Papier. Aus dem Papier der Zeitung oder Werbebroschüre von heute, die im Altpapier landet, wird oft schon eine Woche später die nächste Zeitung gedruckt.

Oder: Der Altpapieranteil der deutschen Anzeigenblätter liegt mit 84,2 Prozent über der durchschnittlichen Altpapiereinsatzquote von 75 Prozent, rund ein Drittel der Anzeigenblätter besteht ausschließlich aus Altpapier.

Wenn schon Papier, dann muss es grün sein. Aber: Viele Druckerkollegen werben im Internet mit Umweltaussagen. Sie veranstalten Eco-Audits, drucken auf Recyclingpapier – mit Gemüsefarben und werben mit kompostierbaren Druckprodukten. Bei näherem Hinsehen sind etliche Aussagen zweifelhaft – manche schlichtweg falsch. Sojaöl beispielsweise macht Druckfarben in der Regel undeinkbar, weil dieses Öl beim Trocknen stark vernetzt und dabei die Pigmente fest an die Fasern bindet. Das Ergebnis sind Schmutzpunkte im Recyclingpapier. Papier wird recycelt, nicht kompostiert. Deshalb müssen Druckfarben erst einmal recyclebar sein. Wenn sie dann auch noch kompostierbar sind, ist das sicher gut. Wenn sie nur kompostierbar sind und nicht deinkbar, ist das Greenwashing.

Fazit: Papier ist DAS zeitgemäße, weil nachhaltigste Medium für jegliche Information von Dauer. Ohne Cloud, ohne technische Uploads, ohne Bereitstellung elektronischer Lesegeräte – also einfach so!

Autor: Axel Fischer, Chemiker, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der INGEDE und Berater von Druckern in Sachen Nachhaltigkeit.