Reporter-at-large beim SPIEGEL Ullrich Fichtner über Zuversicht
Es herrscht allgemein das Gefühl vor, dass die Welt aus den Fugen geraten ist: Klimakrise, Pandemien, neu aufflammende Kriege, Energiekrise, Populismus von rechts und links, Inflation, die Allmacht amerikanischer Medienkonzerne. Nun kommen Sie, Herr Fichtner, und sagen: Moment mal, früher war alles schlechter. Wie kommen Sie darauf?
Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob früher alles schlechter war. In den großen Linien sicherlich. Aber genau jetzt, während wir sprechen, scheinen sich die Krisen zu häufen, und das allgemeine Zeitgefühl vermittelt den Eindruck, dass die Welt „im Eimer ist“. Doch genau das war der Anstoß für mein Buch. Ich glaube, wenn man einen Schritt zurücktritt – einen kleinen Schritt – entspannt sich die Lage schon etwas. Und wenn man noch weiter zurücktritt, entspannt sie sich sogar noch mehr. Das ist kein neuer Gedanke; es gab schon Autoren, die brillant darüber geschrieben haben, wie etwa der berühmte Hans Rosling, ein schwedischer Arzt, der für die UNO gearbeitet hat. Sein Buch Factfulness verfolgt im Grunde diesen Denkansatz und ist äußerst lesenswert. Was hat er gemacht? Er hat sich praktisch von der Aktualität gelöst und lange Linien betrachtet – als Mediziner vor allem unter gesundheitlichen Aspekten. Er stellte fest, dass die Menschheit sich in einer faszinierenden Aufwärtsbewegung befindet, auch in ihren ärmsten Teilen. Diese Art des Perspektivwechsels ist sehr hilfreich, um den Kopf klar zu behalten in Momenten, in denen alle Krisen auf einen einzustürzen scheinen. Es geht darum, die Lage zu analysieren und Schritt für Schritt vorzugehen.
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