Seit über fünf Jahrzehnten erschafft das Bremer Designerpaar Sibylle und Fritz Haase vielfach ausgezeichnete grafische Meisterwerke

Wer über herausragendes Grafik Design aus Bremen spricht, kommt an Sibylle und Fritz Haase nicht vorbei. Nach ihrem gemeinsamen Grafik Design-Studium an der Staatlichen Kunstschule in Bremen gründeten sie 1963 das Atelier für Gestaltung Haase & Knels. Als Entwerfer für Briefmarken arbeiten sie seit 1977 für die Deutsche Post. Inzwischen sind fast 130 Briefmarken von ihnen erschienen. 

Eckard Christiani und Fritz Haase im Gespräch im Atelier Haase & Knels im Schnoor

Der erste große Erfolg war 1978: der Gewinn der Serie Geschichte der Luftfahrt mit 24 Briefmarken (Seite 22). Von 1987 bis 2004 erschienen 63 Marken der Serie Sehenswürdigkeiten (untere Abb. Kölner Dom). Auch wenn zuletzt zwischen 2016 und 2020 die Serie Design aus Deutschland erschienen ist, ist klar, dass die Prognose Walter Benjamins 1927, die Briefmarke würde „das zwanzigste (Jahrhundert) nicht überleben“, nicht ganz falsch war. Für die ersten 20 Jahre des neuen Jahrhunderts ist ihr Ableben nicht eingetroffen, aber viele Zeichen deuten doch darauf hin, dass sich wahrscheinlich unser Jahrhundert von diesem Portoentgelt und Objekt des Designs verabschieden könnte.

Die Serie von 24 Marken zur Geschichte der Luftfahrt entstand in den Jahren 1978 bis 1980.
Es gab Motive mit Aufdruck Deutsche Bundespost und Deutsche Bundespost Berlin. Berlin galt als eigenständige politische Einheit. Der Art Directors Club Deutschland prämierte die Illustrationen für die Luftfahrtserie in seinem jährlichen Wettbewerb 1978 mit einer Bronzemedaille.

„Die langsame Entzauberung der Kulturtechnik des Briefschreibens durch E-Mail, SMS, Instagram, Facebook u. a. ist nicht wegzudiskutieren. Briefe im Briefkasten zwischen der Flut von Werbesendungen sind zur Seltenheit geworden. Und die Postschalter für den Verkauf von Sondermarken werden geschlossen. Man kann unsere Marken nur noch an wenigen Verkaufsstellen oder über Online-Shop erwerben“, erzählt Fritz Haase. Die Post versichere allerdings „Sonderpostwertzeichen hätten auch im digitalen Zeitalter ihren Platz und erfreuten sich großer Beliebtheit in breiten Teilen der Gesellschaft.“ Mit interessanten Markenthemen, einem hohen Designanspruch, neuen Produkten und Online-Philatelieservice werden die Anreize zum Versenden und Sammeln weiterhin am Leben erhalten. Sibylle und Fritz Haase hoffen, dass es auch zukünftig begeisterte Sammler und Sammlerinnen gibt und vor allen Dingen interessierten Nachwuchs. Die Briefmarke ist nicht nur Sammelobjekt, sondern nationales Kulturgut, und sollte wie eine individuelle Visitenkarte eines Landes ihren Platz behalten.

Fritz und Sibylle Haase

Auf die Frage, welcher Entwurf den beiden Designern besonders lieb geworden ist, können sie sich spontan nicht festlegen. Die Sondermarke Dampfer Bremen sei aber auf alle Fälle in der engeren Auswahl. „Unser Konzept war, die Atlantiküberquerung mit dem Zielort New York zu verbinden. Visuell haben wir uns der Stilmittel der 193oer-Jahre bedient. Mit Unterstützung des Deutschen Schifffahrtsmuseums in Bremerhaven haben wir versucht, anhand von Schiffsmodellen und Gemälden die Farbigkeit des Dampfers herauszubekommen. Auch die Silhouette von New York musste genau dem Jahr 1929 entsprechen“, erinnert sich Sibylle Haase.

Die Briefmarke Dampfer Bremen mit Illustration und Ersttagsstempel, Verlag: Hermann E. Sieger

Jede Briefmarke oder Briefmarken-Serie wird immer wieder neu ausgeschrieben. Die Begründung der Jury zur Marke Dampfer Bremen las sich so: „Der Entwurf zeigt eine strenge an zeitgenössische Plakate erinnernde Formgebung. Der Bug des Dampfers bildet den Schwerpunkt im Motiv. Die Typografie zeichnet sich ebenfalls durch eine klare und plakative Form aus.“ 

Fritz Haase erzählte, wie der Entwurf für die Marke 125 Jahre Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger zustande kam: „Die Idee kam uns beim Besuch unserer Stammkneipe im Nebenhaus im Schnoor. Wir sahen das wohl bekannteste Symbol der DGzRS das „Sammelschiffchen“ – direkt vor uns auf dem Tresen stehen. Das wars.“ Was sagte die Jury? „Eine intelligente und ausgefallene Idee. Sie macht das Thema auf den ersten Blick verständlich. Ein in dieser Prägnanz selten treffendes Symbol für Arbeit und Ziel dieser so bedeutenden Hilfsorganisation. Historie und Gegenwart sind mit dem alten Rettungsboot in Form der heutigen Sparbüchse in idealer Weise eingefangen.“

Die Briefmarke 125 Jahre Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger 

So gibt es zu jeder Marke oder Serie Anekdoten zu erzählen – unter anderem die Posse um die Marke Kölner Dom. „Bei dem monierten dritten Turm handelt es sich um den Vierungsturm, der nur in Augenhöhe frontal zu sehen ist. Diese „Post-Panne“ beschäftigte die Medien bundesweit“ lacht Fritz Haase. 

Die Sehenswürdigkeitenmarke Kölner Dom beschäftigte die Medien bundesweit, da der Dom nach einer Zeichnung von Sulpice Boisserée abgebildet wurde. Ein Briefmarkendrama um den dritten Turm.

In diesem Jahr erschien die kleine Anthologie … und ab die Post, in der viele Geschichten versammelt sind. „Uns ist es wichtig, dass unsere Arbeiten einem interessierten Publikum zugänglich bleiben.“