Bei meinen Recherchen zum Thema Klimakrise für die Passion #5 (Thema Verantwortung) bin ich auf eine Sendung gestoßen, die mich tief beeindruckt hat. Hoimar v. Ditfurth hat gemeinsam mit Volker Arzt schon 1978 in der ZDF-Sendung „Querschnitt“ – „Der Ast, auf dem wir sitzen“ – alle Zusammenhänge rund um Erderwärmung brillant aufgezeigt. Ich traf mich mit TV-Legende Volker Arzt am 2. Advent zum Frühstück in einem kleinen Café Nähe Potsdamer Straße zu einem Gespräch.
Herr Arzt, wie kommt man als Theoretischer Physiker ins Fernsehen?
Kleine Filmchen drehen war schon immer mein Hobby. Aber eigentlich wollte ich nach dem Diplom gar nicht zum Fernsehen, sondern wollte Spielfilme machen. So wie Alexander Kluge zum Beispiel. Aber der hat gesagt: Ich habe gerade kein Geld, geh erst mal zum Fernsehen. Und dann bin ich da hängen geblieben.
Sie haben mit Hoimar von Ditfurth schon vor einigen Jahrzehnten eine ZDF- Sendung mit dem Titel „Der Ast, auf dem wir sitzen“ produziert, in der es um die gleiche Thematik geht, die uns heute so sehr beschäftigt: den Klimawandel. Haben Sie rückblickend das Gefühl, etwas bewirkt zu haben?
Ehrlich gesagt, wir haben wohl herzlich wenig erreicht. Kein Umdenken. Keine Aufbruchsstimmung. Keine Protestbewegung. Ich frage mich immer wieder, woran es gefehlt hat. Hätte man damals schon angefangen, gegenzusteuern, wäre es heute um vieles leichter. Aber Hoimars überzeugend vorgetragene Warnung – vor 40 Jahren! –, dass wir, wenn wir so weiter wirtschaften, unweigerlich die Erde aufheizen, und dass die Zivilisation das kaum überleben würde – diese Warnung war für die meisten wohl zu ungeheuerlich. Und auch zu weit weg: Was kümmert mich das Wetter im Jahr 2050? Hinzu kamen die Ewig-Gestrigen. Für die gilt „Der Ast, auf dem wir sitzen“ – man kann die Sendung ja auf YouTube aufrufen – selbst heute noch als „Klimaquatsch von 1978“. Schön wär’s, aber der „Quatsch“ ist eben leider sehr, sehr ernste Realität geworden.
Können die „Öffentlich Rechtlichen“ ihrer Verantwortung heute noch gerecht werden, einen Beitrag zur Information und Bildung sowie zur Sicherung der Meinungsvielfalt und somit zur öffentlichen Meinungsbildung zu leisten? Oder werden sie durch „Fake Facts“ vor allem in den sozialen Medien übertönt?
Das Problem ist, zumindest in meinen Augen, dass in den sozialen Medien falsche Daten und Behauptungen gleichberechtigt und gleichgewichtet neben korrekten Infos stehen. Dann ist die Frage: Was ist zurechtgebogen oder gar frei erfunden? Und was ist gut recherchiert und belegbar? Da drängt sich – bewusst oder unbewusst – die bequemste Lösung auf: Man glaubt das, was man glauben möchte. Und du findest in den sozialen Medien ja auch immer Zustimmung und Bestätigung. Es gibt immer Gleichgesinnte – für alles und jeden Schwachsinn: Man bleibt wohlig in seiner Meinungsblase. Hier hat guter Journalismus – im Fernsehen und anderswo – eine unheimlich wichtige Funktion. Wir brauchen Medien, unabhängige Medien, die sich einer wahrheitsgemäßen Berichterstattung verpflichtet fühlen. Die Öffentlich Rechtlichen gehören meiner Meinung nach dazu.
Sie sind ja als Urgestein im Bereich Bildungsfernsehen Wegbereiter für dieses Genre. „Galileo“, „Planet Wissen“, „Quarks & Co“ oder etwa „Wissen macht Ah!“ sind nur ein paar Beispiele für aktuelle Wissenschaftssendungen. Haben Sie eine Lieblingssendung?
Ich mag „Quarks & Co.“ Da steckt meist eine gute monothematische Dramaturgie dahinter. Hinzu kommt eine angenehme, unbemühte und sachkundige Moderation. Und – sorry, da bin ich etwas altmodisch: Ich muss mir keine Werbeblöcke über Reizdarm oder Vergleichsportale zumuten.
Aktuell gibt es in Podcasts, Internetportalen für Videofilme (Youtube) und Streaming-Diensten (Netflix, Prime) unzählige neue Formate für Wissensvermittlung. Reizt Sie das, hier nochmal was neues auszuprobieren?
Na klar. Das sind spannende Möglichkeiten, um auch junge Leute zu erreichen. Gerade, wenn es um den Klimawandel, das Bevölkerungswachstum oder andere globale Probleme geht. Aber einfach ist das nicht; du musst gegen Beiträge antreten, die extrem flott und süffig daherkommen, aber inhaltlich wenig zu bieten haben und nur auf maximale Click-Zahlen schielen.
Lieber Herr Arzt, vielen Dank für dieses Gespräch!
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